Man hat gerade sein Sakko frisch aus der Reinigung geholt und freut sich auf einen ruhigen und entspannten Kabarett-Abend. Da ist man aber bei Leo Bassis Programm „La Vendetta“ (Die Blutrache) schwer auf dem Holzweg.
Der Maniac Bassi verwandelt die Bühne im zum Trümmerfeld, schlägt Golfbälle und Eier in den Zuschauerraum und kommt bedrohlich, mit einer Schere bewaffnet, ins Publikum. Dann bohrt der Mittfünfziger Löcher in unzählige, unter Druck stehende, Cola-Dosen, so dass auf den vorderen Plätzen einige Zuschauer mit weißen Hosen panisch flüchteten. Darauf Leo Bassi lakonisch: „Das ist hier keine Blue-Man-Show!“
So was hat man noch nicht gesehen, der Mann ist ein Wahnsinniger! Mit unglaublicher Radikalität und vollem Körpereinsatz geht er radikal gegen kapitalistische Verblödung vor und arbeitet dabei geschickt mit allen Techniken der Irritation. Es bleibt einem das Lachen im Halse stecken und man ist froh, wenn er wieder auf die Bühne geht und das Sakko sauber geblieben ist.
Das alles untermalt Bassi zwischendurch mit rührend komisch vorgetragenen kleinen Geschichten. Etwa wenn er pathetisch mit seiner angenehmen Reibeisenstimme Erlebnisse in einem kenianischen Luxushotel mit Golfplatz für die weißen Imperialistenschweine erzählt. Oder sein kurioser Aufenthalt in einem usbekischen Haus eines angesehenen Taliban-Führers.
Leo Bassi sensibilisiert die Zuschauer. Sein Spiel mit der Angst berührt Tabus und stellt manches bloß. Er gibt alles und schont niemanden, am wenigstens sich selbst. Wenn er sich nämlich am Ende seiner Show nackt auszieht, mit 5 Kilo Honig überschüttet, sich in einer Turbine federn lässt und danach triefend, wie eine Mischung aus Engel und Zombie, durch den Zuschauerraum wankt. Vorsicht – diese Show ist nichts für schwache Nerven!
Nachdenklich und voller Adrenalin (ungefähr der gesamte Jahresverbrauch) verlässt man seine unvergessliche Show – ach ja, und erleichtert. Denn das frisch gereinigte Sakko ist auch noch sauber geblieben.
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