Freitag, 15. April 2011

Eine Nacht in Casablanca

Natürlich war ich nicht nur eine Nacht in Casablanca. Das wäre ja auch schade gewesen. Aber in meinem Hotel war es so herrlich altmodisch, dass man glaubte, jeden Augenblick kommt Graf Pfeffermann mit Groucho Marx um die Ecke, wie in dem Marx-Brother-Film Eine Nacht in Casablanca. In einem Frühstücksraum mit orientalischen Glasdach (Foto oben links) und in Gesellschaft von turbanbedeckten Berbern und weiß verhüllten Tuaregs gab es ein karges Frühstück. Um nämlich später in der Patisserie Amoud richtig zuschlagen zu können. Obwohl erst Anfang März war, trug ich schon meinen leichten Sommeranzug.
Das Majestic-Hótel, das schon mal bessere Zeiten erlebt hatte warb noch mit Marmortafeln, auf denen stand: "Eau Courante, Chaude & Froide, Bains, Électricité, Ascenseur, Comfort Moderne". Es lag in der Innenstadt in einem verwinkelten Viertel, vor dem die Touristen gewarnt werden. Einmal fuhr ein Touristenbus vorbei, aus dem ängstliche Menschen sich ihre Nasen an der Scheibe platt drückten. Casablanca ist eine wunderschöne Stadt, die zu drei Vierteln aus heruntergekommenen, aber malerischen Art-Déco-Häusern besteht und morbiden Charme hat. Und das schönste: Nicht ein Tourist! Mich einmal ausgenommen. Das Straßenbild ist sehr morgenländisch und die Betriebsamkeit der Marokkaner ähnelt einem Ameisenhaufen. Die Menschen, ob arm, ob reich, sind alle freundlich und warmherzig.  Selbst von der Kakerlake morgens im Bad glaubte ich ein "Pardon Monsieur!" zu hören. 
Am besten ist, wenn man sich in eines der zahlreichen Straßencafés setzt und sich das Treiben, bei einem göttlich schmeckenden Kännchen Nâa-naa-Tee, auch Whisky Maroc* genannt, anschaut. Das ist tausend Mal besser als Kino und ich kam mir vor wie im Comic Tim & Struppi im Orient.
Dienstleistung wird hier noch groß geschrieben. Wenn ein Mensch aus Casablanca in Berlin an einem normalen Werktag über die Straße ginge, dächte er sicher, es sei gerade ein hoher Feiertag, an dem die Leute nicht arbeiten dürften. 
In der Patisserie Amoud ließ ich mir ein kleines Sortiment von Petit Fours zusammenstellen und setzte mich mit der Schachtel in ein Straßencafé, um sie dort bei einem Nâa-naa-Tee genussvoll zu verspeisen. Der Verzehr der Törtchen glich einem Himmelsritt wie im Märchen "1001 Nacht" - ich wusste einen Augenblick nicht mehr, wo ich war. In der Regel verzehre ich immer nur ein Törtchen am Tag. Aber wie sagte Groucho Marx so schön? "Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere." Womit alles gesagt wäre.


*Whisky Maroc: Das marokkanische Nationalgetränk wird von den Berbern liebevoll als Whisky Maroc bezeichnet, weil die Farbe des Tees an Whisky erinnert. Er besteht aus chinesischem Grünen Tee, frischer Nâa-naa-Minze und viel Zucker.

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