Eines Abends
stand ich am Tresen des Kreuzberger Yorckschlösschens, als neben mir ein Mann
um die Sechzig lauthals „Noch eine Luwine!“ bestellte. Als geborener
Münsteraner stutzte ich und erkannte sofort: der spricht Masematte und kann nur
auch aus Münster sein! Schnell kamen wir ins Gespräch.
Es stellte sich heraus,
dass der Mann „Helmut“ hieß, auch in Münster geboren war und in Berlin
Berufschullehrer für Elektriker ist. Er merkte schnell, dass ich nach fast vierzig Jahren Berlin nicht mehr so gut die
„Speismakeimersprache“ drauf hatte und zählte mir laut von eins bis zehn oberlehrerhaft
vor: „olf – bes – kimmel – dollar – hei – wohf – sore – schess - -tess -jut.“
Dabei zeigte er mir mit den Händen gestikulierend wie ein Gebärdendolmetscher immer
die jeweilige Zahl.
Ich war begeistert!
Ein Stück münstersche Heimat mitten in Berlin! Ich erinnerte mich wieder an
meine Zeit in Steffi Stephans Jovel, dass ja auch ein Masemattewort für „gut“
ist. Damals noch in einem alten Kino auf der Weseler Straße. Ich hatte es mit
gestaltet und bemalt, führte die Galerie „Neuer Krug“, hatte mit Freund und
Künstler Roxie Heart die „Scheinheilige Nacht“ erfunden und dort legendäre
Konzerte von den Einstürzenden Neubauten, Hermann Brood, Eric Burdon, Udo
Lindenberg, Champion Jack Dupree, Götz
Alsmann, Bill Wyman usw. erlebt.
Ganz zu schweigen von den After Show Partys bis in die frühe
Morgenstunden. Das Jovel war in den Wilden Achtziger Jahren mein zweites
Wohnzimmer. Mit dem Elektrischen Helmut wurde es noch eine lange
luvinenreiche Kreuzberger Nacht mit vielen Geschichten aus vergangenen
Münsteraner Zeiten. Wie heißt es doch so schön? (frei nach Wilhelm
Busch) Olf, bes, kimmel im Sauseschritt läuft die Zeit; wir laufen mit.
(Dieser Text erschien auch am 1.2.2020 in der Münsterschen Zeitung in der Kolumne "Seitenblicke")
Foto: Christian Schneegaß
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