Sonntag, 30. August 2020

Illegale Torten pflastern meinen Weg

Ein sehr gutes Beispiel und nicht illegal: Törtchen von Meisterpatissier Guido Fuhrmann von der "Werkstatt der Süße" in Prenzlauer Berg

Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich jetzt bei vielen Cafébetreibern unbeliebt mache. Manchmal lese ich vor Cafés Schilder mit der Aufschrift "Hausgemachte Kuchen und Torten", als wäre es ein Gütesiegel - leider ist es ganz das Gegenteil, von sehr wenigen Ausnahmen mal abgesehen. Um diese Cafés mache ich immer einen sehr großen Bogen.
Nichts gegen selbstgebackenen Kuchen. Im Schrebergarten von Tante Elfriede können sie sehr lecker sein. Nichts dagegen zu sagen. Aber Cafés, wo matschiger Pflaumenkuchen für überteuerte 2,80 € bis zu 4,00 € angeboten wird, sind eine Frechheit. Womöglich noch mit einem Klecks Sprühsahne aus der Dose, die, wenn sie am Tisch angekommen ist, wie ein Gruß aus der Chemieküche von Bayer-Leverkusen aussieht. Zweimal habe ich mir schon von hausgemachten unprofessionell gemachten sogenannten "Torten" den Magen verdorben. Und da sie von fachunkundigen Hilfskräften hergestellt werden, sind sie oft statisch so unstabil, dass sie auf dem Teller umkippen und es so wie die Schlacht von Waterloo aussieht. Eine Todsünde! Solche Schlachtfelder lasse ich mittlerweile eiskalt zurück gehen und/oder ich verlasse sofort das Café.
Dabei gibt es doch hervorragend ausgebildete Konditormeister und -gesellen, die ihr Fach verstehen. Deren Käsesahnetorte zum Beispiel ist schmeckt grandios und hat eine saubere Schnittkante, steht wie eine Eins und ist nicht in schmuddeligen Hinterzimmern von ungelernten billigen Aushilfskräften zusammengewurschtelt worden. Wer einmal in einer richtigen Konditorei zu Besuch war, weiß, wie genau dort die Hygienevorschriften eingehalten werden (und müssen). Meist sind die Konditormeistertorten optisch eine Augenweide, herrlich raffiniert verziert und heben sich deutlich von den "hausgemachten Torten" qualitativ und optisch ab. Konditormeister haben nicht umsonst eine jahrelange Ausbildung hinter sich und bilden auch noch Lehrlinge aus. Außerdem zahlen sie Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Das ist Geld, dass sich die "Laienkonditoren" in die eigene Tasche wirtschaften.
Und jetzt kommt es ganz dicke: Wer hausgemachte Torten von Laien herstellen lässt, handelt gesetzeswidrig. Denn es ist eine Arbeit aus dem Konditorenhandwerk und darf grundsätzlich nur mit einer erfolgreich abgelegten Meisterprüfung zum Konditorenhandwerk und darf nur mit einer erfolgreich abgelegten Meisterprüfung angeboten und ausgeführt werden. Alternativ könnte man als Cafébetreiber auch eine "Gesellschaft bürgerlichen Rechts" (GbR) mit einem Meister gründen oder einen Meister als fachlich-technischen Betriebsleiter einstellen.
Dann zahle ich gern für ein professionelles Tortenstück zwischen 2,80 € und 4,00 €. Ich war einmal persönlich zu einer Meisterprüfung der Berliner Konditorinnung eingeladen und habe gesehen, was für hohe Ansprüche an Konditormeister gestellt werden. Ich fliege ja auch nicht mit einem Flugzeug in Urlaub, das ein Pilot fliegt, der sich das Fliegen auf der Wiese hinter seinem Haus selbst beigebracht hat.
So, nun wird es Zeit, ein schönes Stück Torte essen zu gehen - aber nur eins von einem ausgebildeten Konditormeister!

www.berliner-konditoren.de


Sonntag, 23. August 2020

ALKOHOLTEST

Nachts vor der Jazzkneipe Yorckschlösschen. Ein sichtlich alkoholisierter junger Mann hält ein Taxi an, entschuldigt sich beim Fahrer für seinen Zustand, er wolle in die Akazienstraße. "Ach", sagt der, "wenn du 'Akazienstraße' sagen kannst, bist du noch nicht besoffen!"
 
(Diese von mir persönlich erlebte und aufgeschriebene Geschichte erschien auch am 23.8.2020 im Berliner TAGESSPIEGEL in der Sonntagsbeilage unter der Rubrik "Berliner Liste")
 
Symbolbild: (c) Lo Graf von Blickensdorf

Mittwoch, 19. August 2020

Konditern - Torte für alle!


Im Sommer, wenn der Tag morgens noch wie in frisches Stanniol gewickelt ist und betörend nach Lindenblüten riecht, tut Berlin kurzzeitig so, als sei sie eine ganz feine Dame.
Dann beginnt für mich die langersehnte FKK-Zeit. Nein, nicht das was Sie denken. Ich meine die Freikuchenkultur. Im Freien ein Stück Kuchen, einen Kaffee und viel Sonne genießen! Das ist für mich der Höhepunkt des Tages. Ich ziehe mich fein an, suche mir eine gemütliche Kaffeehausterrasse auf dem Kurfürstendamm oder anderswo, esse ein Stück Torte und trinke dazu einen Kaffee, lese, schreibe, zeichne etwas oder flirte mit der netten Tischnachbarin. Dabei fallen mir gelegentlich Sätze ein wie: „Ein Törtchen kann ein Gedicht sein, aber ein Gedicht niemals ein Törtchen.“  
Ich nenne es „Konditern geh`n“ – nach dem alten Lied „Warum soll er nicht mit ihr mal Konditern geh'n?“ von Claire Waldoff aus den Dreißigerjahren. Es gibt für mich kein schöneres Geräusch, als das Klappern von Kuchengabeln Nachmittags um Drei.  
Konditern ist für mich so etwas wie ein Belohnungssystem. Wenn man etwas Schönes erlebt, wird der Botenstoff Dopamin in unserem Gehirn aktiv. Ein Glückshormon. Das nutze ich, um häufiger die Dinge zu tun, zu denen ich eigentlich nicht so richtig Lust habe, die ich aber unbedingt tun möchte oder muss. Steuererklärung, Sport oder andere unangenehme Alltagssachen. Sorgen verfliegen wie Puderzucker im Wind. Probieren Sie es doch auch einmal aus.  
Leider werden schöne Cafés immer mehr von ungemütlichen industriellen Aufbackstationen verdrängt. Ach, wie schön war es bei Café Kleimann im Schatten der Lambertikirche ein Stück der weltberühmten Baumkuchen-Nougat-Torte zu verzehren. Oder im Straßencafé von Café Grotemeyer mit einem fabulösen Stück Schwarzwälder-Kirsch-Torte mit Blick auf den wunderschönen Erbdrostenhof zu genießen. Von Café Schucan will ich gar nicht erst anfangen.  
Auch in Berlin denke ich oft sehnsuchtsvoll an die großen traditionsreichen Konditoreien zurück. Legenden wie Café Kranzler, Café Möhring oder das plüschige Café Richter in Charlottenburg. Aus. Vorbei. Schluchz!  
Huch, jetzt habe ich aber emotional sehr nah am Kuchenblech gebaut. Schluss damit. Was ich jetzt mache? Konditern natürlich. Denn ohne Torte und Gebäck, hat das Leben keinen Zweck!

Dieser Text erschien auch in meiner Kolumne "Seitenblick" am 15.8.2020 in der Münsterschen Zeitung


Foto: Privat


Sonntag, 9. August 2020

VISIONÄR

Jochen Busse (Foto: Christian Schneegaß)
Schauspieler Jochen Busse (Foto: Christian Schneegaß)

S-Bahnhof Westkreuz. Man wartet auf die Bahn, um zu einer Premiere zu fahren, bei der der Schauspieler Jochen Busse erwartet wird. Plötzlich ertönt eine Durchsage: "Achtung! Benutzen Sie auch die Regionalbahn und Busse."

 
(Diese von mir persönlich erlebte und aufgeschriebene Geschichte erschien auch am 9.8.2020 im Berliner TAGESSPIEGEL in der Sonntagsbeilage unter der Rubrik "Berliner Liste")